05 Mai
von Christian Roth - Kategorie: Allgemein, Zukunft digitaler Welten
In welche Richtung wird die Gestaltung des Internets gehen? Wie wird das Internet in 10 Jahren aussehen? Vielleicht gibt schon viel früher grundlegende Veränderungen. In unterschiedlichen Projekten wurde und wird an ganz ähnlichen Ideen gearbeitet: Dem dreidimensionalen Internet. Web 3D.
Was kann man sich unter Web 3D vorstellen? Die Technologie für 3D-Inhalte im Browser ist nicht neu. Ein übergreifendes Web 3D könnte jedoch verschiedene 3D Inhalte miteinander verbinden, so wie heutzutage gewöhnliche Internetseiten über Links miteinander verbunden sind. Eine solche Welt wurde von Neal Stephenson in seinem Roman Snow Crash als Metaversum bezeichnet. Linden Labs hat sich mit seiner Onlinewelt Second Life (SL) an dieser Fiktion orientiert. Second Life kommt dem dreidimensionalen Internet schon sehr nah: Eigene Inhalte können erstellt, Websiten, Video und Audio können eingebunden und kommerziele Ziele können verfolgt werden. Mittlerweile ist die Zugangssoftware für SL open source, das heißt, sie kann von jedem weiterentwickelt und legal angepasst werden. Möchte man in Second Life Inhalte erstellen, so ist ein gewisses Vorwissen und viel Einarbeitung erforderlich. Das schließt einen großen Teil der Internetnutzer aus. Web 3D sollte dagegen so konzipiert werden, dass es auch Laien möglich ist, sich in der Welt leicht zurechtzufinden und diese mitzugestalten. Tatsächlich gibt es unkommerzielle Software-entwicklungen, wie Croquet, die eine einfache Nutzung und Zusammenarbeit in dreidimensionaler Umgebung anpreisen. Folgendes Video zeigt einige Möglichkeiten.
Die Zukunft des Internets ist eine sehr spannende Angelegenheit. Da viele Entwicklungen parallel laufen und immer neue Namen und Begriffe auftauchen, habe ich zusammen mit Andreas Mertens von SL Talk das Web 3D Wiki initiiert. Dieses Wiki spezialisiert sich auf dreidimensionale digitale Welten, wie der Name schon sagt auf Web 3D. Wir freuen uns auf rege Teilnahme, so dass jeder die Möglichkeit hat, von einer umfangreichen spezialisierten Wissensbasis zu profitieren. Der große Vorteil zu Wikipedia besteht in der auf 3D-Welten spezialisierten Community, zu der einige Experten und Kenner zählen. Hier nochmal der Link zum neuen Wiki: www.web3dwiki.de
Eine aktuelle Anwendung, die bestehende Social Network Seiten wie MySpace, Facebook oder Orkut in 3D Appartments umwandelt ist ExitReality. Momentan läuft noch die Betaphase. Einen ersten Eindruck vermittelt folgendes Video, bei dem der Vorführer mittels der ExitReality-Software das MySpace Profil vom berühmten Tom besucht hat.
2 Kommentare
Monica
06|Mai|2008 1Weißt Du woran ich neuerdings glaube, Christian?
An reale virtuelle Welten. Immer mehr habe ich das Gefühl, dass die Wii eine notwendige Entwicklung war. Klar, die Graphik ist total schlecht, aber die Umsetzung ist super. Meaning: man fühlt sich im Bild entsprochen. Und ich glaube, darauf kommt es an: dass man sich nach wie vor als den Handelnden erfährt.
Ich glaube, dass wir uns irgendwann im virtuellen Raum real aufhalten werden. Sei es mit Datenbrillen oder was auch immer. Irgendwann werden wir erfasst werden, und ins Bild gestellt, was wir dann auch mit anderen teilen.
Ich stelle mir vor, wie meine Freundin aus der Schweiz und ich gemeinsam joggen gehen – jede bei sich zu Hause, auf einem Laufband vielleicht, und „in Wirklichkeit“, in unserer empfundenen Wirklichkeit können wir Szenarien wie „Urwald“, „Tierpark“, „Safari“, „Strand“ auswählen. Wir laufen zusammen und unterhalten uns dabei.
Oder Weihnachten mit der Familie: Jeder, egal wo er sitzt, loggt sich in das elterliche Esszimmer ein.
Das wäre für mich Internet 3D.
Lieben Gruß
Monica
Christian Roth
06|Mai|2008 2Hallo Monica,
danke für Deinen ausführlichen Kommentar!
Ich glaube, dass wir noch erleben, wie es ist, mithilfe des Internets und entsprechender Virtual-Reality-Technologie durch den Urwald zu joggen. Theoretisch wäre dies jetzt schon möglich – es ist teuer und nicht für jeden so einfach verfügbar.
Virtuelle Welten sind doch immer an die Realität gekoppelt. Ich muss in der Realität etwas ausführen, um in der digitalen Welt etwas zu beeinflussen. Natürlich macht es mehr Spaß eine Bewegung direkt übertragen zu können und nicht nur einen Knopf z.B. für Rennen zu drücken. Aber wenn man nunmal gerade nur in der digitalen Welt rennen möchte?
Ich glaube, dass es immer verschiedene Eingabemöglichkeiten geben wird. Eine zunehmend weniger futuristisch wirkende Möglichkeit, virtuell zu agieren, ist Biofeedback. Kleinste Veränderungen der Gehirnaktivität, die z.B. durch Gedanken an eine Bewegung hervorgerufen werden, können auf den Avatar, der mich digital repräsentiert, übertragen werden. Einen ausführlichen Beitrag inklusive Schilderung meiner Erfahrungen mit solcher Technologie (ja, das gibt es bald zu kaufen!) veröffentliche ich demnächst auf diesem Blog.
Übrigens: Microsoft möchte für seine XBoX360 Konsole einen Controller im Sinne der Wiimote anbieten.
Dann wäre zumindest eine gute Rechenpower mit dem innovativen Controller gekoppelt. Bis dahin hat Nintendo aber wahrscheinlich schon wieder die nächste revolutionierende Entwicklung zur Marktreife gebracht: Wii Fit registiert jetzt in den heimischen Wohnzimmern z.B. Gewichtsverlagerungen.
Es ist nur eine Frage der Zeit, wann Datenbrillen bzw. 3D-Head-mounted-displays wieder auf den Massenmarkt kommen. Das Militär scheint glücklich mit seiner teuren VR-Technik. Damals waren die 3D-Brillen Gehversuche im zivilen Unterhaltungsbereich gescheitert.
Zum Schluss: Es gibt schon VR Künstler. Ich denke da an einen Graffitsprayer, der mittels Datenbrille und VR dreidimensionale Graffitis mitten in den Raum „sprüht“. Diese kann man natürlich nur in der digitalen Welt sehen. Entstanden sind sie aber durch echte, reale Bewegungen.
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